Die vorliegende Studie untersucht die Verbreitung von Inhalten auf Facebook und YouTube zwischen 2014 und 2020, die den Glauben an Wahlbetrug durch elektronische Wahlgeräte sowie Wahlmanipulation in Brasilien schüren. Die Analyse basiert auf einem Korpus von 103.542 Postings mit Links, in portugiesischer Sprache, auf beiden sozialen Netzwerken. Ihr Ziel ist es, den Verlauf von auftretenden Narrativen, die die Entfaltung der Desinformation über das brasilianische Wahlsystem stützen, zu dokumentieren. Allgemein betrachtet ergab die Untersuchung, dass die Häufigkeit dieser diskursiven Leistung in Übereinstimmung mit der der Verbreitung von URLs zu Spitzenwerten in Wahljahren neigt. Allerdings bleiben solche Leistungen in Jahren ohne Wahlen dank eines festgestellten Potenzials für Engagement bestehen. Angesichts der schädlichen Auswirkungen der Veröffentlichung betrügerischer Aussagen, unter denen die Infragestellung der Legitimität von für die Demokratie grundlegenden Prozessen hervorzuheben ist, geht dieses Dokument auf die digitale Technik hinter dem Misstrauen gegenüber Wahlprozessen näher ein. Die Studie steht somit in Einklang mit einer zeitgenössischen Diskussion auf nationaler und internationaler Ebene, welche eine Vielzahl von Akteuren, die sich für die Aufrechterhaltung von Mechanismen zur Unterstützung demokratischer Systeme, Institutionen und Gesinnung einsetzen, mobilisiert.
ZUSAMMENFASSUNG DER ERGEBNISSE
- Postings und URLs mit Bezug auf den angeblich bestehenden Wahlbetrug durch elektronische Wahlgeräte sowie Wahlmanipulation treten auf Facebook und YouTube immer häufiger auf. Die Verbreitung von Publikationen zu diesen Themen wies eine zunehmende Tendenz in den Jahren zwischen den Wahlen (2015, 2017 und 2019), in den Jahren allgemeiner Wahlen (2014 und 2018) sowie in den Jahren kommunaler Wahlen (2016 und 2020) auf.
- Wie erwartet war die Häufigkeit der auf das Misstrauen gegenüber dem Wahlsystem bezogenen Mitteilungen 2018 exponentiell höher als in den anderen Jahren, wobei 2020 schon als das Jahr mit den zweitmeisten Inhalten diesbezüglich zum Vorschein kommt. Zusätzlich zu Anzeigen und Verdächten auf Manipulation der Stimmenauszählung mittels des elektronischen Wahlgerätes hoben sich Links, die zum Handeln mit Hilfe offizieller Instrumente öffentlicher Konsultation des Bundessenates und der Abgeordnetenkammer aufforderten, hervor.
- In einem Zeitraum von sieben Jahren wurden 337.204 Publikationen, die die Transparenz bei den brasilianischen Wahlen anzweifelten, identifiziert. Der größte Teil davon befand sich auf Facebook und beträgt 335.169 Publikationen, welche 16.107.846 Interaktionen erzeugten. Der Rest beträgt 2.035 Postings auf YouTube mit 23.807.390 Aufrufen. Die Metrik von YouTube ist für die Messung der Reichweite dieser Botschaften aussagekräftiger, weil es nicht nur diejenigen, die mit dem Inhalt durch Reaktionen, Kommentare sowie Teilen von Postings interagierten, sondern alle Aufrufe betrachtet. Das deutet darauf hin, dass die Reichweite der Botschaften auf Facebook größer als die von der Metrik dieser Plattform erfassten Zahlen.
- Einige der meistverbreiteten Links wiederholen sich in unterschiedlichen Jahren. Der am meisten geteilte Link erschien 2016, erreichte aber 2019 die größte Interaktion. Ein bedeutender Teil davon besteht aus hyperparteiischen Kanälen und Seiten.
- Die 2020 am meisten geteilten Links sind auch wiederholte Publikationen alter Inhalte, die im Netz unschwer zu finden sind. Das bedeutet nicht, dass keine neuen Inhalte über die analysierten Themen entstehen. In diesem Jahr, in dem Kommunalwahlen stattfinden, hostete das Nachrichtenportal Jornal da Cidade Online allein sechs der am meisten geteilten neuen Links.