Digitale Demokratie

Digitalisierung und Öffentlichkeit in Brasilien

Öffentliche digitale debatte und grüne agenda

Neue Agenden der brasilianischen Umweltdebatte

Download (PDF)

1. EXECUTIVE SUMMARY

Zusammenfassung:

Die vorliegende Studie analysiert Postings auf Facebook und Twitter zum Thema Umwelt, wofür rund 12 Mio. Postings auf diesen Plattformen zwischen Juni und September 2021 gesammelt wurden. Der Schwerpunkt liegt auf einer neuen Dimension der Umweltdebatte, welche in Verbindung mit neuen Agenden zum Thema steht: 1) Technologien und Umwelt, 2) bäuerliche Landwirtschaft, 3) Wasserkrise und Energiefragen, 4) Brände und Umweltschäden sowie 5) Regierung, öffentliche Politiken und Zivilgesellschaft. Um diese Themen herauszuarbeiten, wurde die Themenmodellierung als Methode im ganzen erfassten Text verwendet. Von den fünf ausgewählten Themen wies „Technologien und Umwelt“ die größte Anzahl von Postings auf. Ein Merkmal, das alle Themen prägt, ist die geringe Polarisierung der Debatte und die Verflechtung der Fragen, wie zum Beispiel die Diskussionen über die indigene Bevölkerung, die Wasserkrise und die Expansion der Landwirtschaft zeigen.

Schlüsselwörter:

Grüne Agenda, Umwelt, digitale öffentliche Debatte, soziale Netzwerke.

2. ZUSAMMENFASSUNG DER ERGEBNISSE

  • In den fünf analysierten Gruppen ist die Anzahl von Umweltschützern und regierungsfeindlichen Profilseiten deutlich höher als die Menge derjenigen, die die Umweltpolitik der Regierung unterstützen. Deren Themen stärken Netzwerke, die den polarisierenden Ton, der Umweltdebatte auf digitalen Plattformen prägt, abschwächen.
  • Die Postings über Technologie und Umwelt entsprechen der Mehrheit der analysierten Themen. Sie spiegeln den ineinandergreifenden Charakter der Umweltagenda wider, die verschiedene Unterthemen umfasst: erneuerbare Energiequellen, Mode, bewusster Konsum, Umweltbildung, Bioökonomie, CO2-Ausstoß und die nationale politische Agenda. Auch die Vielzahl der in der Debatte beteiligten Akteure zeigt sich bei der Analyse der Postings.
  • Im Gegensatz zu Debatten, die von gegensätzlichen Ansichten geprägt sind, treten in der Debatte über die bäuerliche Landwirtschaft sowohl regierungsnahe Gruppen als auch Umweltschützer als Verteidiger der Kleinlandwirte auf. Postings zum Thema werden oft mit der Debatte über die Wasserkrise in Verbindung gebracht.
  • Die Wasserkrise und die Energiefragen sind Ausdruck unterschiedlicher Strategien, die von politischen Gruppen in der digitalen Debatte angewendet werden. Während die regierungsnahe Gruppe die Debatte über Technologien angeht und nach Lösungen für die Regenknappheit und deren Auswirkungen sucht, weist die Umweltgruppe auf die Abholzung als Hauptursache für die Dürre und die daraus resultierenden Probleme hin.
  • Die Debatte über Brände ist durch den Zusammenhang zwischen den forstwirtschaftlichen, sozialen und urbanen Folgen sowie deren Zunahme geprägt.
  • Unter den Beiträgen über Regierung, öffentliche Politik und Zivilgesellschaft ist eine stärkere Polarisierung bezüglich des Ablaufs von Gesetzesentwürfen auf nationaler Ebene festzustellen. Auf kommunaler und regionaler Ebene werden die Umweltagenden in den Debatten begünstigt.
  • Die analysierten Debatten, die eine schwächere Tendenz zum Diskurskampf aufweisen, ermöglichen die Entwicklung von langfristigen Strategien gegen Umweltrückschläge. Außerdem tragen sie zur Schaffung von Narrativen und Netzwerken bei, die Gefühle und effizientere Praktiken zur Verbreitung der Umweltagenda in der Bevölkerung mobilisieren.

3. ERGEBNISSE UND DISKUSSION

1) Themenmodellierung auf Twitter und Facebook

Ausgehend von den sprachlichen Regeln bei Äußerungen zur Umwelt wurden über 10 Mio. Postings auf Twitter und 1,6 Mio. auf Facebook zwischen dem 1. Juni und dem 20. September 2021 gesammelt. Der Monat September diente als Referenz für die Anwendung der Technik der Themenmodellierung, welche mithilfe des LDA-Algorithmus Wortgruppen bildet. Diese werden auf Basis von semantisch assoziativen Zusammenhängen erzeugt und ermöglichen somit die Identifizierung von thematischen Gruppierungen bei einem großen Textvolumen. In diesem Sinne wurden die Themen als explorative Elemente mit dem Ziel genutzt, den Umfang des Korpus jenseits der Postings, die am meisten Engagement erzeugten, zu erkunden.

 

Bild 1: Twitter-LDA
Analysierter Zeitraum: vom 1. Juni bis zum 17. September 2021


. Quelle: Twitter | Gestaltung: FGV DAPP

Im Fall von Twitter zeichneten sich zehn Themenbereiche ab, die als Referenzen für die Identifizierung der in der Studie zu betrachtenden Debatten analysiert wurden. Darunter hoben sich die Themenbereiche 2 und 5 hervor. Der erstere umfasste Begriffe zu Nachhaltigkeit, Recycling und Umweltpolitik während der letztere auf Energiefragen mit Begriffen wie „Erdöl“, „Ausstoß“, „Benzin“ und „Preis“ hinwies.

Bild 2: Facebook-LDA
Analysierter Zeitraum: vom 1. Juni bis zum 20. September 2021


. Quelle: Facebook | Gestaltung: FGV DAPP

Im Fall von Facebook wurden die zu untersuchenden Postings ausgehend von 28 Themengebieten ausgewählt. Die Wasserkrise stellte das wichtigste Thema der Gruppe von Begriffen in Zusammenhang mit dem Themenbereich 1 dar: „Wasser“, „Regen“, „Messen“, „Region“ und „trocken“. Fragen bezogen auf Technologien und Umwelt kennzeichneten die Themenbereiche 4 und 17 durch Begriffe wie „produzieren“, „Forschung“, „Technologie“, „Nachhaltigkeit“, „Entwicklung“, „Projekt“ und „Zukunft“. Das Thema Brände und Umwelt- sowie Stadtschäden fasste einen Großteil der Begriffe des Themenbereichs 11 zusammen, z. B. „brennen“, „Feuer“, „Einsatz“, „Brand“ und „Stadt“. Der Themenbereich 14 wiederum umfasste Begriffe wie „Stadt“, „Projekt“, „bäuerliche Landwirtschaft“, „Gemeinschaft“ und „Landesamt für Landwirtschaft“, die im Themenbereich Bäuerliche Landwirtschaft gruppiert wurden. Schließlich beinhaltete der Themenbereich 26 bei Facebook, in Übereinstimmung mit dem Themenbereich 5 bei Twitter, Begriffe rund um das Thema Energiefragen, mit Tokens wie „Wert“, „Energie“, „Wirtschaft“ und „Benzin“.
Nach der Anwendung der Themenmodellierung zur Auswahl der Themen wurden spezifische sprachliche Regeln erstellt, um die anschließenden qualitativen Analysen zu liefern.

2) Neue Agenden

2.1 Technologien und Umwelt

Die Debatte über Technologien und Umwelt auf Facebook umfasste 94.883 Beiträge, die über 24.837 Gruppen und öffentliche Seiten veröffentlicht wurden und zu 6.835.399 Interaktionen führten. An der Debatte beteiligten sich unterschiedliche Akteure, darunter Informationsmedien und Unternehmen, Politiker, Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen, Universitäten und andere Bildungseinrichtungen, Industrien und Marken aus verschiedenen Sektoren.

Unter den Inhalten aus Profilseiten der sieben Kategorien mit dem größten Engagement, die 48,6 % der gesamten Profilseiten ausmachen, behandelten die Beiträge, die die meisten Interaktionen erzeugten, Themen wie ESG (Environmental, Social and Governance) in der Unternehmenswelt, die Agrarlobby für das Gesetzesvorhaben Marco Temporal, die Verhandlungen rund um die COP 26, Biotechnologie, Technologien für erneuerbare Energien, Kreislaufwirtschaft, wirtschaftliche Entwicklung und Umweltschutz im Amazonasgebiet sowie Kritik an der Regierung Bolsonaros.

Die andere Hälfte der an der Debatte beteiligten Akteure spiegelt die große Vielfalt der Standpunkte wider, die die Umweltagenda umfasst. In der Regel wird diese von Personen und Organisationen mit unterschiedlichen Hintergründen diskutiert, wobei die Unterthemen intersektional behandelt werden. Neben Profilseiten von Nachrichtenproduzenten und -kanälen, die sich dem Thema in ähnlicher Weise wie die Akteure der oben beschriebenen ersten Hälfte nähern, gibt es auch zahlreiche Profilseiten, die sich auf Mode und Umweltbildung konzentrieren. Besonders hervorgehoben wurden die Ansätze zu bewusstem Konsum, wie z. B. nachhaltige Mode, energiesparende Haushaltsgeräte und Fahrzeuge, die keine fossilen Brennstoffe verbrauchen, sowie CO2-Ausstoß/Globale Erwärmung, Bioökonomie und Ökotourismus.

Zu den Profilseiten mit den meisten Interaktionen gehören die des Präsidenten Jair Bolsonaro (parteilos), des Bundesabgeordneten Filipe Barros (PSL-PR), des Infrastrukturminister Tarcísio Gomes de Freitas und des Bundesabgeordneten Eduardo Bolsonaro (PSL-SP). Auch Profilseiten, die in Verbindung mit dem Kulturbereich stehen, erzielten eine hohe Interaktionsanzahl. Beispielhaft können hier genannt werden: Alok, Flávia Alessandra, Dinho Ouro Preto und Mayra Andrade sowie die inoffiziellen Profilseiten Maria Bethânia Essência e Música und Tropicália Viva. Unter den Oppositionspolitikern war der Name Lula der einzige, der zu einer großen Anzahl von Interaktionen führte.

Auf Twitter standen im untersuchten Zeitraum die Rechte indigener Völker in der Umweltdebatte im Mittelpunkt. Das Thema wurde durch die Abstimmung über das Gesetzvorhaben Marco Temporal im Obersten Bundesgericht und durch die indigene Mobilisierung im September in Brasília vorangetrieben. Die unparteiliche Linke (Orange), die durch eine Vielzahl von Personen, Organisationen, Gruppen und Profilseiten vertreten wird, führte die Debatte an, was die Zahl sowohl der Profilseiten als auch der Interaktionen betrifft (Visualisierung 1). Im Fokus der Diskussion um die institutionelle Politik standen das Umweltministerium und der damalige Umweltminister Ricardo Salles. Obwohl die regierungsnahe Gruppe (Blau) versuchte, dem Narrativ sowohl der Linken (Orange) als auch der Presse und der Oppositionspolitiker (Rot) entgegenzuwirken, gelang es ihr nicht, eine so große Beteiligung wie ihre Gegner zu mobilisieren, wodurch sie diesen unterlag. Die Gruppe Rosa hingegen, die größtenteils von durchschnittlichen Nutzern gebildet wurde, generierte nur wenige Interaktionen und spiegelte gleichzeitig einen großen Teil der Themenbereiche der Gruppe Orange wider.

Visualisierung 1: Debatte auf Twitter über Technologien und Umwelt
Analysierter Zeitraum: vom 1. Juni bis zum 17. September 2021

Quelle: Twitter | Gestaltung: FGV DAPP

. Quelle: Twitter | Gestaltung: FGV DAPP

Die Analyse der Profilseiten, die die meisten Interaktionen auf sich versammelten, bestätigt die Einschätzung, dass es der Regierung in diesem Zeitraum nicht gelungen ist, das negative Narrativ rund um das Umweltthema umzukehren. In der regierungsnahen Gruppe erreichte Jair Bolsonaro den ersten Platz, hatte aber einen geringer gewichteten Eingangsgrad (weighted indegree) als Profilseiten aus den Gruppen Orange und Rot wie Mídia Ninja, ApibOficial und Fiscal do Obama.

Von den 48 Profilseiten mit dem höchsten gewichteten Eingangsgrad stammen nur neun aus der regierungsnahen Gruppe. Mit Ausnahme von Revista Oeste sind alle Profilseiten in der institutionellen Politik tätig und gehören der Regierung an: Präsident Jair Bolsonaro, die Abgeordneten Carla Zambelli (PSL-SP), Eduardo Bolsonaro (PSL-SP) und Bia Kicis (PSL-SP), die Minister Tarcísio Gomes de Freitas und Tereza Cristina (DEM-MS), der ehemalige Ratskandidat Alan Lopes (PDS-RJ) und SecomVc. In der Gruppe Orange hoben sich 14 Profilseiten als die einflussreichsten hervor, von denen viele indigene und indigenistische Vertreter sind, wie z. B. die Articulação dos Povos Indígenas do Brasil (@AbipOficial), der mit dem Confederação Nacional de Bispos do Brasil verbundene Conselho Indigenista Missionário (@ciminacional), die Comissão Pró-Índio de São Paulo (@Proindio), die Profilseite @TamoioArt, die indigenen Journalistinnen Karibuxi und Alice Pataxó, die Bundesabgeordnete Joenia Wapichana (REDE-RR) und die populäre Indigene Sônia Guajajara. Dies bestätigt die starke Verbindung der indigenen Agenda mit dem Umweltthema in der öffentlichen Debatte.

Zusätzlich zu dieser historischen Beziehung zwischen den indigenen Völkern und der Umwelt trugen die Abstimmung des Gesetzvorhabens Marco Temporal und die starke Mobilisierung in Brasília zum rasanten Aufstieg von Profilseiten indigener Influencer in den sozialen Netzwerken bei (CORREIO BRAZILIENSE 2021; SILVEIRA 2021), was das Rederecht von Indigenen in der Debatte bestärkte. Die aus der Analyse des Themas „Technologie und Umwelt“ stammenden Daten bestätigen diese Tendenz und heben unterschiedliche Profilseiten indigener Menschen hervor, insbesondere auf Twitter.

Unter den 48 Profilseiten mit größerer Bedeutung für die Debatten befinden sich 21 in der Gruppe der Pressekanäle und Oppositionspolitiker (Rot), darunter diejenigen von Journalisten wie André Trigueiro und Andréia Sadi, Influencer Lucas Neto und Politikern wie Marcelo Freixo, Lula, Marina Silva, Talíria Petrone und Randolfe Rodrigues. Die Gruppe Rosa hat vier Profilseiten, die zu den einflussreichsten gehören. Dazu gehören die von den Humoristen @XIAOJIU und @giselabitch.

Betrachtet man alle Profilseiten, die an der Debatte teilnahmen, so gehören 13,42 % zur regierungsnahen Gruppe, die 16,6 % der Interaktionen ausmacht. Die führenden Gruppen sind diejenigen der unparteilichen Linken (Orange) mit 33,78 % der Profilseiten und 31,16 % der Interaktionen und der Presse und Opposition mit 27,91 % der Profilseiten und 37,03 % der Interaktionen. Die Gruppe der durchschnittlichen Nutzern (Rosa) ist mit nur 4,76 % der Interaktionen die am wenigsten einflussreiche, obwohl sie mehr Profilseiten (18,21 %) auf sich versammelt als die regierungsnahe Gruppe.

An dem Tag, an dem die Zahl der Postings im untersuchten Zeitraum am höchsten war, wurden 234.440 Tweets und Retweets veröffentlicht, von denen viele durch den Rücktritt des damaligen Umweltministers Ricardo Salles motiviert waren. 19 von den 25 Beiträgen mit den meisten Retweets feierten den Rücktritt des Ministers, wobei einige die Nachricht mit einem angeblichen Ablenkungsmanöver in Verbindung brachten. Dieses habe das Ziel, die negativen Auswirkungen der Anzeigen bzgl. des Impfstoffs Covaxin im Pandemie-Ermittlungsverfahren gegen Bolsonaro zu minimieren. Keine der einflussreichsten Profilseiten an jenem Tag war der Gruppe der regierungsnahen Akteure zuzuordnen.

Diagramm 1: Anzahl von täglichen Tweets über Technologien und Umwelt
Analysierter Zeitraum: vom 1. Juni bis zum 17. September 2021


. Quelle: Twitter | Gestaltung: FGV DAPP

Die zweithöchste Zahl an Beiträgen im untersuchten Zeitraum wurde am 26. August erreicht und war durch die Mobilisierung der Indigenen in Brasília gegen das Gesetzvorhaben Marco Temporal gekennzeichnet. Erwähnt in 23 der 25 Beiträgen mit den meisten Retweets, war die Mobilisierung das Hauptthema nicht nur der Online-Debatte, sondern auch der Veröffentlichungen der Regierung selbst. Der Präsident Bolsonaro war die einzige Regierungsperson, die unter den prominentesten Tweets auftauchte. Er war auch der Einzige aus dieser Gruppe, der das Umweltthema in Bezug auf die indigene Bevölkerung ansprach. Neben ihm zeichnete sich nur die offizielle Profilseite der Regierung, @GovBR, durch ein Posting aus, das versuchte, die Kritik an der Umweltpolitik herunterzuspielen, indem es die Operação Guardiões do Bioma zur „Bekämpfung von Waldbränden und zum Schutz der brasilianischen Biodiversität“ ankündigte.

2.2 – Ernährung und bäuerliche Landwirtschaft

Wenn man an bäuerliche Landwirtschaft in Brasilien denkt, stellt man sich das Bild eines Kleinlandwirts vor, der keinen Internetzugang hat und weit entfernt von den Debatten in sozialen Netzwerken ist. Die sozialen Netzwerke werden jedoch zu wichtigen Verbündeten der bäuerlichen Landwirte bei der Förderung und dem Verkauf ihrer Produkte. Laut einem Bericht, der 2020 vom Institut für Geowissenschaften der Universität Campinas veröffentlicht wurde, trug der durch die COVID-Pandemie geprägte Kontext zur Etablierung der Kommunikation und Werbung auf digitalen Plattformen bei, um landwirtschaftliche Produkte der Öffentlichkeit vorzustellen. Es handelt sich um einen Zeitraum, in dem Straßenmärkte und der direkte Kontakt zwischen Verkäufern und Kunden eingeschränkt waren. Somit wurden einige Strategien, wie beispielsweise der Online-Verkauf, eingeführt.

Betrachtet man die Diskussionen über die Umweltagenda in den sozialen Netzwerken genauer, so stellt man fest, dass sich die bäuerliche Landwirtschaft als ein neues Thema etabliert hat. Zwischen Juni und September 2021 wurden 2.645 Postings zu diesem Thema aus Facebook extrahiert, die 12.027.566 Interaktionen nach sich zogen. Im Falle von Twitter wurden in diesem Zeitraum 348.512 Beiträge extrahiert. Die Aufwertung des Kleinlandwirts gegenüber dem Agrarexporteur hing mit der Frage der Versorgung und dem Verbrauch der brasilianischen Haushalte zusammen. Diese Diskussion zog sich durch verschiedene politische Spektren, die zwar unterschiedliche Schwerpunkte hatten, sich aber alle mit der Frage nach der Versorgung Brasiliens befassten. Es ist wichtig hervorzuheben, dass sich die Diskussion auf Facebook um Verbrauch und Versorgung drehte. Auf Twitter hingegen standen im Vordergrund die Besorgnis über die Nutzung von Böden, die als unfruchtbar gelten, wie z. B. in einigen Regionen der Cerrados, und die enge Beziehung zwischen diesem Thema und der Wasserkrise, wobei die Vorteile der bäuerlichen Landwirtschaft der exportierenden Agrarindustrie gegenübergestellt wurden.

Zu den Profilseiten auf Facebook mit dem größten Engagement rund um diese Agenda gehörten die Profilseiten @pecuariabrasil, die des Unternehmens @perdigaooficial, des Präsidenten Jair Bolsonaro, des Politikers Guilherme Boulos und des Stadtrats Márcio Bosa de Oliveira (MDB-PR). Ein Großteil des Engagements konzentrierte sich auf den Monat Juni, angetrieben durch Nachrichten über den Umsatz der Agrarindustrie in Brasilien und über die Aushändigung von mehr als fünfzigtausend Landtiteln an angesiedelte Familien und Bewohner von staatseigenen Grundstücken in Pará durch die Regierung.

Im August und September wurden die Debatten durch Äußerungen des Präsidenten Jair Bolsonaro vorangetrieben und drehten sich um eine vorläufige Maßnahme, die Kleinlandwirte beim Kauf von Mais begünstige. Diese Maßnahme hätte Auswirkungen auf die Haltung von Schweinen und anderen Tieren, die sich von Maisrationen ernähren, und somit auch auf den Endpreis von Fleisch.

Auf Twitter ließ sich das Engagement für diese Agenda auf Profilseiten erkennen, die auch in anderen Belangen Ähnlichkeiten aufzeigten. Dabei wurden einige spezifische Themen diskutiert, wie z. B. die Ermordung eines Bauern, nachdem er öffentlich gemacht hat, dass er Opfer eines Landraubs wurde, sowie die öffentlichen Politiken für die Förderung der Kleinlandwirte, die Debatten rund um die Landnutzung der Cerrados und die Auswirkungen der extensiven Landwirtschaft auf die Umwelt und die indigenen Völker.

Die folgende Visualisierung zeigt die Interaktionen dieser Profilseiten. Es lässt sich beobachten, dass sie großenteils in der Gruppe Rot konzentriert sind (43,36 % der Profilseiten). Diese ist durch Profilseiten gekennzeichnet, die mit fortschrittlichen Debatten und NGOs verbunden waren und für viel digitales Engagement sorgten (40,57 % der Interaktionen). Die Diskussion wurde vom Account @fiscaldoibama entfacht, eine kollaborative Profilseite, die sich der Bekanntmachung und Überwachung der Umweltbehörden widmet. Sie hat mehr als 120 Tsd. Follower auf Twitter und zeigte viele Interaktionen mit dem Account @MST_Oficial auf. Die Postings der Gruppe konzentrierten sich auf die Nachricht über den Tod eines Bauern, nachdem er öffentlich gemacht hat, dass er Opfer eines Landraubs wurde und die Verhaftung der Mordverdächtigen in diesem Fall. Außerdem entstand großes Engagement in Bezug auf ein Posting, das vom Staatlichen Sondersekretariat für Kommunikation (Secom) im Rahmen des Tages des Landwirts am 28. Juli veröffentlicht wurde und auf dem das Bild eines bewaffneten Mannes zu sehen war. Eine große Anzahl an Nutzern befand, dass dies kein repräsentatives Bild des brasilianischen Landwirts ist. Mehrere Profilseiten von Politikern der Linken schlossen sich dieser Diskussion an.

Visualisierung 2: Debatte auf Twitter über bäuerliche Landwirtschaft
Analysierter Zeitraum: vom 1. Juni bis zum 17. September 2021

Quelle: Twitter | Gestaltung: FGV DAPP

. Quelle: Twitter | Gestaltung: FGV DAPP

Konservativere Profilseiten hingegen interagierten mit den Postings von Jair Bolsonaro, die institutionelle Maßnahmen zur Entwicklung und Förderung der Landwirtschaft und der Kleinlandwirte thematisierten. Unter anderem ging es dabei um die Freigabe zur Nutzung der Gewässer aus der Talsperre Juá im Bundesland Pernambuco sowie die Versorgung der indigenen Bevölkerung Brasiliens mit über 15.000 Tonnen Lebensmittel. Diese Profilseiten gehören vorwiegend der Gruppe Blau an (29,16 % der Profilseiten; siehe Visualisierung 2) und konzentrierten die zweitgrößte Anzahl von Interaktionen rund um oben aufgeführte Themen auf sich (26,79 % der Interaktionen). Die Postings dieser Gruppe bezogen sich auch positiv auf die Amtseinführung der Landwirtschaftsministerin Tereza Cristina, die zur Vorsitzenden des Interamerikanischen Landwirtschaftsrates (Junta Interamericana de Agricultura) gewählt wurde. Auch die Freigabe von über drei Mio. R$ durch die Regierung für die technische Unterstützung von Bio-Landwirten erfuhr in den Postings dieser Gruppe vorwiegend Zuspruch.

Die Postings der Gruppen Rosa (3,30 % der Profilseiten) und Orange (9,19 % der Profilseiten) wiesen einen intersektionalen Charakter auf, weil sie nicht nur die bäuerliche Landwirtschaft thematisierten, sondern auch weitere Fragen. Beispiele dafür sind die indigene Agenda, die Entwaldung, die Wasserkrise, die Landnutzung der Cerrados und die begangenen Umweltverbrechen. In der Gruppe Orange hatte der Account @empatillada das höchste Engagement aufgrund eines Postings, in dem Veganer sich gegen die indigene Bevölkerung wegen des Schlachtens von Tieren für den Eigenbedarf aussprachen. Es ist wichtig hervorzuheben, dass die Gruppe Orange auf das Engagement von indigenen und indigenistischen Profilseiten zum Thema Landwirtschaft und anderen intersektionalen Agenden zählt.

Es ist auch bemerkenswert, dass das Thema der bäuerlichen Landwirtschaft auf Facebook stärker mit wirtschaftlichen Fragen verbunden war als mit soziopolitischen Fragen, während letztere auf Twitter die politischen Diskussionen bestimmten, wobei weitere umweltbezogene Themen hinzugefügt wurden.

Auf Facebook wurde der Diskurs von der Besorgnis über die Versorgung der Supermärkte und der Bevölkerung im Allgemeinen sowie von den Regierungsmaßnahmen zur Förderung der Kleinlandwirte geprägt. Diese Themen erzeugten am meisten Engagement in der Debatte. Die Postings linker Politiker konzentrierten sich auf die Ernährungssicherheit der Gesellschaft und wiesen auf die Rolle der MST (Bewegung der Landarbeiter ohne Boden) und ihrer Solidaritätsküche bei der Versorgung von vulnerablen Menschen mit Lebensmitteln hin.

Auf Twitter stachen zwei große Gruppen hervor: diejenige, die über den Tod eines Landwirts debattierte, und diejenige, die von den Regierungsmaßnahmen der Bundesregierung begeistert war und die Interaktionsanzahl der Postings der Regierung in die Höhe trieb. Darüber hinaus wiesen zwei andere Gruppen, die sich weniger engagierten, auf wichtige Themen hin. So zum Beispiel die Frage nach der Notwendigkeit, das Land und die Kultur der indigenen Bevölkerung vor der Entwaldung ihrer Landflächen und dem Vordringen der extensiven Landwirtschaft in ihre Gebiete zu schützen. Auch die Verknüpfung der Debatte über bäuerliche Landwirtschaft, insbesondere auf kleinen Landflächen, mit Fragen in Bezug auf die Wasserkrise, Brände und Entwaldung beschäftigten diese zwei kleineren Gruppen.

2.3: Energie und Wasserkrise

Zur Debatte über die Energiefrage und die jüngste Wasserkrise in Brasilien wird sich in den sozialen Netzwerken von verschiedenen Profilseiten geäußert, darunter politische Akteure, traditionelle und alternative Medienkanäle und Inhaltsportale über Öl und Kraftstoffe im Allgemeinen. Allerdings fällt die Polarisierung zwischen den politischen Lagern in dieser Agenda auf.

Zwischen Juni und Mitte September 2021 war sie das Thema von rund 2.250 Postings auf Facebook, die in diesem Zeitraum mehr als 15.700 Interaktionen, darunter Reaktionen, Kommentare und Shares, erreichten. Die Diskussion konzentrierte sich vor allem auf die Spritpreise in Brasilien, die seit Monaten sukzessiv stiegen und auf der Plattform Gegenstand kontroverser, in der Regel politisch gefärbter Meinungen waren.
Auf der einen Seite bestanden Profilseiten von Regierungsmitgliedern und politischen Verbündeten – @jairmessias.bolsonaro, @ZambelliOficial, @biakicisoficial, @filipebarrosoficial und @carlosjordyoficial – auf die These, dass die Regierung Maßnahmen ergriff, um die Steuern zu senken und damit den Wert des Kraftstoffs zu verringern. Sie führten etwaige Erhöhungen auf Landesregierungen zurück. Ihre Postings informierten über die mögliche Senkung der Stromkosten durch die Privatisierung von Eletrobrás und über die Abkommen und Maßnahmen zur Umsetzung des Programms Biogás: transformação do lixo em energia (Biogas: Umwandlung von Abfällen in Kraftstoff). Das Programm wird vom Umweltministerium und einigen Verbänden durchgeführt. Beispiele dafür sind: ABCP, ABETRE, ABRELPE und ABIOGAS, welcher die Entbürokratisierung der Energiegewinnung aus festen Abfällen in Brasilien beabsichtigt.

Ein weiterer Beitrag, der im Kontext der Akteure der institutionellen Politik – sowohl durch das starke Engagement auf der Plattform als auch durch die Häufigkeit – hervorstach, war ein Livestream vom Präsidenten Jair Bolsonaro. Dabei gab er Auskünfte über den Bau des Kanals Apodi im Bundesland Rio Grande do Norte. Der Sendung zufolge ist dieser Bau Teil der nördlichen Achse des Überleitungsprojekts des Flusses São Francisco und werde mehreren Bundesländern im Nordosten Brasiliens zugutekommen. Hervorgehoben wurden die Gesamtlänge der Strecke von 115,3 Kilometern und die von der Regierung investierten Mittel in Höhe von 938,5 Mio. R$.

Politiker der Linken, Mitte-Linken und Mitte einigten sich als regierungskritische Opposition. In diesem Zusammenhang zeichneten sich die Profilseiten @AndreJanones, @depmarcomaia und @gleisi.hoffmann aus, die auf den Anstieg der Stromkosten hinwiesen. Erwähnungen dieses Anstiegs stellten die Inflation anderen Aspekten des brasilianischen Wirtschaftsszenarios gegenüber, wie dem Ende der Soforthilfe, der Nichtanpassung der monatlichen Sozialhilfe des Transferprogramms Bolsa Família und der Preissteigerung von Waren wie Reis und Fleisch.

Nicht nur politische Akteure, sondern auch traditionelle und alternative Medienkanäle wie @quebrandootabu, @g1 und @MidiaNINJA wiesen auf den ständigen Anstieg der Strom-, Gas- und Kraftstoffpreise hin und machten die staatliche Verwaltung und den Wirtschaftsminister Paulo Guedes dafür verantwortlich. Auf der anderen Seite verbreiteten regierungsfreundliche Kommunikationskanäle wie z. B. @cpgbr Informationen über erneuerbare Energiequellen und die Möglichkeit, Arbeitsplätze durch die Umsetzung neuer energetischer Programme in Brasilien zu schaffen.

Es lässt sich beobachten, dass die Beiträge erläutern, wie sich die Trockenheit der Flüsse auf das tägliche Leben der Bevölkerung auswirkt, deren Versorgung von den Kanälen abhängt. Außerdem fordern sie niedrigere Kochgaspreise als die aktuellen, die sich durch die Raffinerien an den internationalen Einfuhrpreisen orientieren und durch Zusatzkosten die Ausgaben für Transport und Versicherung erhöhen.
Auf Twitter sorgte die Debatte über Energiefragen und die Wasserkrise im gleichen Zeitraum – zwischen Juni und Mitte September 2021 – für mehr als eine halbe Million Beiträge. Das größte Engagement war am 17. Juni zu beobachten, als das Thema rund 37.000 Mal auf der Plattform erwähnt wurde. Die Privatisierung von Eletrobras stand im Mittelpunkt dieser stark polarisierten und politisierten Diskussion. Einerseits behaupteten Politiker, die ideologisch der Linken und der Mitte-Linken zuzuordnen sind, dass Wasserkraftwerke kostengünstiger sind und daher einen größeren Teil der Bevölkerung versorgen als Gaskraftwerke. Der Rückzug dieses Unternehmens aus Brasilien würde ihrer Meinung nach zu höheren Kosten und zur Beeinträchtigung des Einkommens der Konsumenten führen. Andererseits verteidigten die Verbündeten der Regierung die Privatisierung des Unternehmens und betrachteten sie als eine positive Maßnahme, die sich durch die Senkung der Stromkosten auf die Wirtschaft unmittelbar auswirkt und den Aufschwung des Unternehmens in Bezug auf Investitionen und Energieübertragung bekräftigen kann.

Visualisierung 3: Interaktionen der Debatte über Energie und Wasserkrise auf Twitter
Analysierter Zeitraum: vom 1. Juni bis zum 17. September 2021

Quelle: Twitter | Gestaltung: FGV DAPP

. Quelle: Twitter | Gestaltung: FGV DAPP

Der Interaktionsvisualisierung zur Energie und Wasserkrise (Visualisierung 3) ist zu entnehmen, dass die Gruppe Blau, die aus offiziellen Profilseiten der Regierung, von Politikern, Kanälen konservativer Inhalte und offiziellen Kommunikationskanälen der Regierung besteht, über Investitionen der Regierung informierte. Dazu gehörten Wasserbauwerke und -projekte, insbesondere der Bau des Kanales Apodi und des Kanalnetzes von Ceará in den Bundesländern im Nordosten, und Meerwasserentsalzungsanlagen zur Gewinnung von Trinkwasser. Außerdem äußerte sich die Gruppe zur Teilnahme von Regierungsvertretern an internationalen Veranstaltungen, indem gleichzeitig auf neue Energietechnologien – Biogas, Wind- und Sonnenenergie – und die Möglichkeit hingewiesen wurde, dadurch mehr Arbeitsplätze zu schaffen und Brasilien als das Land mit einer der saubersten Energiematrizen der Welt zu etablieren.

Die Gruppe Grün, die aus durchschnittlichen Nutzern, Studierenden und Professoren besteht, kritisierte die föderale Regierung, weil diese den Gouverneuren die Verantwortung für die Warenumlaufsteuer (ICMS) übertrug und sowohl die Wasserkrise als auch den Anstieg der Strompreise missachtete.

Die Gruppe Rot, die durch Profilseiten traditioneller und alternativer Medienkanäle, linker Politiker, indigener/proindigener Organisationen und von Umweltaktivisten vertreten wird (wobei der Account @fiscaldoibama hervorzuheben ist) sah die Wasserknappheit als Folge der Verdrängung brasilianischer Biome durch den Ausbau der Agrarindustrie, wie in den Fällen von großen Sojaplantagen und Weideflächen für Viehfutter. In den Beiträgen wurde auch auf den ständigen Anstieg der Gas- und Strompreise hingewiesen, wobei die wirtschaftlichen Auswirkungen dieser Erhöhungen und die Verschärfung der sozialen Ungleichheit im Land hervorgehoben wurden. Außerdem wurde der brasilianische Präsident dafür kritisiert, dass er die Privatisierung von Eletrobras verteidigte.

Die Postings der Profilseiten der Gruppe Orange, die die Regierung in einem ironischen Ton kritisierten, betonten die verschiedenen aktuellen Krisen in Brasilien (Strom-, Gesundheits-, Politik- und Umweltkrise), vor allem die Wasserkrise, und machten die derzeitige Bundesverwaltung verantwortlich für die Begünstigung von privaten Unternehmen, Aktionären und Unternehmern. Darüber hinaus beschwerten sie sich über den Anstieg von Strom- und Spritpreisen, die Rationierung von Wasser und Strom sowie die Stromausfälle und die Hungersnot, wobei die Auswirkungen der Umweltprobleme auf die brasilianischen Städte und Haushalte auffielen.

Es ist bemerkenswert, dass auf Facebook die Energiefrage und die jüngste Wasserkrise durch offizielle Profilseiten der Regierung und von Politikern besonders häufig aufgegriffen wurden, die den Fokus auf mögliche erneuerbare und saubere Energiequellen – insbesondere Sonnenenergie und Biogas – legen. Sie behaupteten, dies sei eine Lösung für urbane Probleme und ein Mittel für die Entwicklung Brasiliens, da das Biogas eine Möglichkeit sein werde, den Müll in Großstädten zu reduzieren, während der Ausbau von Solarstromanlagen Arbeitsplätze schaffen könne.

Auf Twitter ließ sich feststellen, dass die Mobilisierung in den Gruppen Grün und Orange nicht politisiert war, d. h. die im politischen Szenario bekannten Akteure waren nicht Teil dieser Gruppen. Allerdings informierten die Beiträge dieser Gruppen ebenfalls über die wirtschaftlichen Auswirkungen der Wasserkrise und gaben die Beschwerde über die Preissteigerung von Strom, Waren und Dienstleistungen wieder.

Die Beiträge gingen also, sowohl auf Facebook als auch auf Twitter, über die enge Verbindung zwischen der Energie-/Wasserkrise und der Trockenheit der Flüsse hinaus. Diese Postings thematisierten die Folgen der Energiefragen und der Wasserkrise für die Wirtschaft, die städtischen Zentren und die Lebensbedingungen brasilianischer Familien.

2.4: Brände und Umweltschäden

Die Analyse der Brände und der Umweltschäden konzentrierte sich auf die Debatte über jene Brände, die die brasilianischen Wälder während des untersuchten Zeitraums verwüsteten, sowie auf ihre möglichen Ursachen und die Auswirkungen dieser Ereignisse auf die Wildtiere der betroffenen Biome und auf die brasilianische Bevölkerung im Allgemeinen. In der Umweltdebatte auf Facebook wurden zwischen Juni und Mitte September 2021 etwa 1.830 Postings von öffentlichen Seiten und Gruppen zum Thema Brände und Umweltschäden in Brasilien veröffentlicht. Diese Beiträge erzeugten zusammen mehr als 12,9 Millionen Interaktionen, darunter Reaktionen, Kommentare und Shares. Die wichtigsten Profilseiten, die sich an dieser Debatte beteiligten, waren alternative Medienkanäle wie Mídia Ninja und Quebrando o Tabu, Nachrichtenportale mit wissenschaftlichen oder technologischen Inhalten wie Conexão Planeta und Olhar Digital sowie Kanäle von linken Politikern und regierungskritischen Bloggern wie Senator Humberto Costa (PT-SP), dem Kongressabgeordneten Marco Maia (PT-RS) und dem Journalisten Leonardo Sakamoto.

Das wichtigste Anliegen dabei war die Teilnahme des Präsidenten Jair Bolsonaro an der Generalversammlung der Vereinten Nationen (UNGA) Ende September 2021 in New York. In den wichtigsten Beiträgen über den Besuch wurde hervorgehoben, dass ironische und wütende Kommentare über den Präsidenten während der Veranstaltung gemacht wurden. Es wurde daran erinnert, dass mehrere Anzeigen gegen Bolsonaro wegen Menschenrechtsverletzungen, z. B. was indigene Völker anbelangt, auf nationaler und internationaler Ebene erstattet wurden, wie bei den Vereinten Nationen (UN) und anderen internationalen Organisationen. Ein weiteres Thema, das von diesen Profilseiten angesprochen wurde, betraf den Regenmangel und die Brände, die Ende Juli 2021 die südliche Hälfte Brasiliens heimsuchten. Die Postings machten auf die Auswirkungen der Dürre auf die Tierwelt im Pantanal aufmerksam und zeigten z. B. die Bemühungen von Umweltschützern um die Bekämpfung des Feuers oder um die Rettung der Tiere in der Region auf. Einige davon wiesen darauf hin, dass Fachleute das Phänomen bereits prognostiziert hatten und es mit den Auswirkungen der globalen Klimakrise in Verbindung brachten.

Darüber hinaus ist die Präsenz von Profilseiten aus dem Umfeld der Regierung – wie von den Abgeordneten Filipe Barros (PSL-PR) und Carla Zambelli (PSL-SP) sowie vom konservativen Inhaltsportal Brasil Paralelo – zu erwähnen, auch wenn diese weniger Reichweite hatten. Ihre Beiträge lehnten mögliche Versuche ab, die Regierung für das trockene Wetter und die daraus resultierenden Brände im Amazonasgebiet während der Trockenzeit verantwortlich zu machen, da es sich um für Ende Juli typische Naturphänomene handelte. Der Ansicht dieser Gruppe nach seien die Behauptungen, dass die Entwaldung und die Brände in der Region unter der Regierung von Jair Bolsonaro zunehmen würden, unwahr gewesen.

Auf Twitter behandelten rund 2,56 Millionen Postings das Thema Brände und Umweltschäden im analysierten Zeitraum zwischen Juni und Mitte September 2021. Die erste größere Beteiligung an der Debatte fand am 23. Juni statt, als das Thema 87.000 Mal erwähnt wurde. An diesem Tag trat der Rechtsanwalt Ricardo Salles aus dem Umweltministerium zurück. Er wurde von der Opposition als einer der wichtigsten Verantwortlichen für die Umweltkrise der aktuellen Regierung bezeichnet.

Eine weitere starke Mobilisierung zum Thema Umweltschäden auf der Online-Plattform wurde am 9. August festgestellt, als die Debatte zu 70.300 Beiträgen führte. An diesem Tag wurde ein UN-Bericht über den Klimawandel bekannt, demzufolge die globale Erwärmung einen unumkehrbaren Punkt erreicht habe. Am selben Tag wurde die Debatte auch durch die Nachricht über einen Dammbruch im Bundesland Minas Gerais verstärkt.

Visualisierung 4: Interaktionen der Debatte über Brände und Umweltschäden auf Twitter
Analysierter Zeitraum: vom 1. Juni bis zum 17. September 2021

Quelle: Twitter | Gestaltung: FGV DAPP

. Quelle: Twitter | Gestaltung: FGV DAPP

In dieser Interaktionsvisualisierung (Visualisierung 4) umfasst die Gruppe Orange alternative Medienkanäle, soziale Aktivisten und Künstler wie @TatiNefertari, @QuebrandoOTabu und @Anitta. Die Debatte in dieser Gruppe konzentrierte sich auf den Vergleich von Naturereignissen aus diesem Zeitraum. Verglichen wurden beispielsweise extreme Hitzewellen in Europa und Nordamerika einerseits und Kaltfronten und ungewöhnliche Schneefälle in Brasilien andererseits, um die Aufmerksamkeit auf die Einflüsse des Klimawandels auf unseren Planeten zu lenken. Weitere von den Profilseiten aufgegriffenen Themen waren die Kampagnen gegen den Gesetzesentwurf Nr. 490, der seit 2007 im Nationalkongress behandelt wird und die Begrenzung indigener Gebiete verhindert sowie die Feierlichkeiten zum Tag des Amazonas am 5. September, die das Bewusstsein für die Bedeutung des Bioms schärfen sollen.

Die Gruppe Rot, die sich aus Umweltaktivisten und -organisationen, linken Politikern und alternativen Medienkanälen zusammensetzt, warnte in einer Reihe von Beiträgen vor der Intensivierung der Entwaldung und der Brände in brasilianischen Biomen wie dem Amazonas und dem Pantanal – insbesondere während der Amtszeit der derzeitigen Regierung – mit Verweis auf Studien und Berichte nationaler und internationaler Forschungsinstitute. Während der Präsident Jair Bolsonaro und der ehemalige Umweltminister Ricardo Salles dafür verantwortlich gemacht wurden, wurde in vielen Beiträgen auf die Dringlichkeit dieser Phänomene in Zusammenhang mit den jüngsten Daten über das Voranschreiten der globalen Erwärmung hingewiesen. Zu den populärsten Profilseiten in dieser Gruppe gehören @andretrig, @BiodiversidadeB, @andrearoeirap und @Barbosa_Leandro.

Angeführt von offiziellen Profilseiten der Regierung und von konservativen Politikern, Bloggern und Content-Kanälen – zum Beispiel @govbr, @CarlaZambelli38 und @revistaoeste – teilte die Gruppe Blau Regierungsmaßnahmen zur Bekämpfung von Waldbränden und zur Eindämmung von Umweltverbrechen, wie beispielsweise die Mobilisierung der brasilianischen Armee bei der Kontrolle des Flussnetzes und die Intensivierung der Umweltüberwachung. Die Beiträge kritisierten die Versuche, Jair Bolsonaro für sein angebliches Versäumnis bzgl. der Waldbrände im Amazonasgebiet verantwortlich zu machen, welche eigentlich auf die für diese Jahreszeit typische niedrige Luftfeuchtigkeit in diesem Biom zurückzuführen seien.
Schließlich unterstützte die Gruppe Grün, die aus Profilseiten brasilianischer Fußballvereine und anderer Sportorganisationen besteht, die Umweltplattform @MOSS.Earth zur Bekämpfung des Klimawandels. Dabei wurde u. a. auf Folgendes hingewiesen: die Bedeutung des Schutzes der brasilianischen Wälder und der biologischen Vielfalt, die zunehmende Abholzung im Amazonasgebiet und die Auswirkungen des CO2-Ausstoßes durch Individuen und Unternehmen auf den Planeten. Die Postings ermutigten alltägliche Verhaltensweisen, die dazu beitragen können, die Auswirkungen der globalen Erwärmung auf den Planeten zu bekämpfen, wie z. B. Änderungen der Ernährung, des Konsums und der Mobilitätsformen.
Die Analyse der Debatte über Brände in den sozialen Netzwerken zeigte, dass die Nutzer der Plattformen das Auftreten von Bränden in den brasilianischen Wäldern und die Dringlichkeit derer Bekämpfung im Allgemeinen anerkannten, auch wenn sie die Ursachen und die Verantwortung für diese Brände unterschiedlichen Akteuren zuschrieben. In diesem Sinne lag der Schwerpunkt der Debatte in erster Linie auf den Folgen der Brände für alle wildlebenden Tiere und Pflanzen sowie für die einheimische Bevölkerung der betroffenen Gebiete und, in einem größeren zeitlichen Rahmen, auf den langfristigen Schäden dieser Ereignisse, die mit der zunehmenden Verschärfung der globalen Klimakrise zusammenhängen. Neben den üblichen Akteuren der Umweltdebatte in sozialen Netzwerken ‒ regierungsfeindliche und -nahe Politiker der Basis, Wortführer zum Umweltschutz und Umweltaktivisten sowie alternative Medienkanäle ‒ ist es wichtig, die Beteiligung und das Engagement von Akteuren hervorzuheben, die in Bezug auf dieses Thema weniger offensichtlich sind, wie z. B. Sportvereine, Influencer und populäre Künstler.

2.5: Regierung, öffentliche Politiken und Zivilgesellschaft

Die Analyse des Themas Regierung, öffentliche Politiken und Zivilgesellschaft zielte darauf ab, die von diesen Sektoren ergriffenen umweltbezogenen Maßnahmen auf kommunaler, regionaler und nationaler Ebene abzubilden. Die untersuchten Postings zeichneten sich durch Begriffe aus den Bereichen öffentliche Politik, Regierungspläne, Nichtregierungsorganisationen, Zivilgesellschaft und dritter Sektor aus. Die Erfassung auf Twitter sammelte 1,8 Millionen Tweets (davon 1 Million Retweets) von 534.300 verschiedenen Profilseiten. Die Datenextraktion aus Facebook erfasste 144.700 Postings von 32.800 Seiten und öffentlichen Gruppen mit insgesamt mehr als 20,3 Millionen Interaktionen.

Visualisierung 5: Interaktionen zur Debatte über Regierung, öffentliche Politiken und Zivilgesellschaft auf Twitter
Analysierter Zeitraum: vom 1. Juni bis zum 17. September 2021

Quelle: Twitter | Gestaltung: FGV DAPP

. Quelle: Twitter | Gestaltung: FGV DAPP

Auf Twitter schien die Debatte über die Regierung, öffentliche Politiken und Zivilgesellschaft sehr stark mit Themen von nationaler Relevanz verbunden zu sein. Die Polarisierung, die für die allgemeine Umweltdebatte kennzeichnend war, fand sich auch in diesem speziellen Thema wieder (Visualisierung 5), wobei die zwei Extreme – regierungsfreundliche Akteure (Blau) und Umweltschützer (Rot) – mehr als 60 % der Profilseiten und Interaktionen ausmachten (Visualisierung w). Der große Unterschied in der Anzahl von Profilseiten und Interaktionen zwischen diesen beiden Gruppen ist jedoch bemerkenswert: Mit 49,7 % der Profilseiten und 46,8 % der Interaktionen hatte die Gruppe der Umweltschützer einen großen Vorsprung vor der Gruppe, die mit der Regierung verbunden ist (16,2 % der Profilseiten und 16,0 % der Interaktionen).

Die Gruppen Grün und Rosa weisen Profilseiten auf, die weniger in Verbindung mit der Umweltdebatte standen und durch die Präsenz von Influencern und Jugendlichen geprägt waren. Interessant ist, dass diese Gruppen, im Gegensatz zu den Gruppen Rot und Blau, welche eher die mit der nationalen Politik verknüpften Themen ansprachen, die Aktivitäten der Zivilgesellschaft und von NGOs hervorhoben. Zu den reichweitenstärksten Profilseiten gehörten die der Sängerin Anitta – mit kritischen Tweets zur Umweltpolitik der Regierung – und Fan-Seiten von K-Pop-Gruppen, die Aktivisten und internationale Berühmtheiten, brasilianische Umweltagenden und Mobilisierungen für spezifische Kampagnen verknüpften. Dabei wurden die NGOs positiv dargestellt und deren Aktionen mit „Wohltaten“ assoziiert.

Öffentliche Politiken, Verordnungen und Gesetze auf verschiedenen Regierungsebenen waren wichtige Themen in diesen Gruppen. Die Gesetzgebungsdebatte auf föderaler Ebene war geprägt von der starken Mobilisierung rund um den Gesetzentwurf Nr. 490, der die Regeln für die Begrenzung von indigenen Landflächen änderte, und den Gesetzentwurf Nr. 2633, der als „Gesetzentwurf des Landraubs“ bekannt ist, weil er die Möglichkeiten zur Regelung von staatlichen Landflächen durch Selbsterklärung erweitert. Bezüglich der Verordnungen ließ sich eine große Mobilisierung gegen die Rechtsverordnung Nr. 338/21, die die Reduzierung des Schutzgebiets in der Chapada dos Veadeiros im Bundesland Goiás vorschlug, sowie gegen die Regierungsmaßnahmen zur Entsendung der Streitkräfte und deren verzögerten Einsatz zur Bekämpfung der Umweltverbrechen feststellen.

Das Engagement der Profilseiten für die Debatte über legislative Änderungen auf föderaler Ebene war wenig ausgeprägt, als es um die Umweltprogramme der Regierung ging. Im Allgemeinen erzeugten Beiträge über Programme wie VIGIA, Floresta + und Lixão Zero das Engagement von Profilseiten, die die Umweltpolitik der Regierung befürworteten. Ein allgemeines Merkmal der Debatte auf föderaler Ebene war der reagierende Charakter der Postings von Profilseiten, die mit der Umweltfrage sowie mit Regierungsmaßnahmen und Gesetzentwürfen in Verbindung stehen.

Dieses Merkmal war jedoch in abgeschwächter Weise zu beobachten, wenn sich die Debatte auf die öffentliche Politik und die legalen Mittel auf regionaler und kommunaler Ebene bezog. Das war verbunden mit einer größeren Präsenz von Postings, die Fortschritte in der Umweltagenda von Stadträten, Staatsabgeordneten, Bürgermeistern und Gouverneuren guthießen. Zu den wichtigsten legalen Mitteln auf diesen Regierungsebenen gehören Gesetzentwürfe zu: städtischem Recycling; Plänen zum Schutz gegen Brände sowie zu deren Bekämpfung; Sanitärversorgung; Maßnahmen seitens der Gouverneure zur Verringerung der Treibhausgasemissionen; Ausbau von Waldparks; umweltbezogenen Genehmigungsverfahren. In Bezug auf das letzte Thema wiesen die meisten Beiträge auf Regelwidrigkeiten bei Ansiedlungen und Besetzungen von Landflächen hin. Es gab aber auch Postings, in denen die Anforderung an umweltbezogenen Genehmigungsverfahren für die Eröffnung virtuell betriebener Unternehmen kritisiert wurde.

Auf Facebook beherrschten die Debatte über Regierung, öffentliche Politiken und Zivilgesellschaft die Seiten von Umwelt- und Aktivistenorganisationen. Unter ihnen stachen die Seiten der Aktivistin Sonia Guajajara, der alternativen Kommunikationskanäle Mídia Índia und Mídia Ninja, der NGO Greenpeace und indigener Organisationen wie Apib und Cimi hervor. Auf diesen Seiten wurden im Berichtszeitraum mehr als 1.900 Beiträge zum Thema gepostet, was zu mehr als 971.800 Interaktionen führte. Die Seiten und Profilseiten von Influencern und Regierungsmitgliedern deuteten in diesem Zeitraum auf eine Aktivität hin, die trotz des hohen Engagements eine viel geringere Anzahl von Postings aufwies. Die Bundesabgeordneten Filipe Barros (PSL-PR), Eduardo Bolsonaro (PSL-SP) und die Abgeordneten Carla Zambelli (PSL-SP) und Bia Kicis (PSL-DF) veröffentlichten nur 75 Postings, aber erzeugten mehr als 1 Million Interaktionen.

Öffentliche Politiken, Verordnungen und Gesetze auf verschieden Regierungsebenen traten auf unterschiedliche Weisen in Erscheinung. An der Debatte über die Gesetzentwürfe, die durch eine größere Vielfalt an anstehenden Projekten geprägt ist, nahmen vor allem regierungsnahe Abgeordnete teil. Dies ist auf die Leistungen von Carla Zambelli, der derzeitigen Vorsitzenden des Ausschusses für Umwelt und nachhaltige Entwicklung der Abgeordnetenkammer, zurückzuführen. Sie nutzte die Plattform, um Auskünfte zum Verlauf von Gesetzentwürfen zu geben und die Ansichten dazu zu teilen. Dazu gehörten der Gesetzentwurf Nr. 6054/19, der den Rechtscharakter von Haus- und Wildtieren regelt, und der Gesetzentwurf Nr. 10.814/18, der die Einrichtung von virtuellen Polizeidienststellen zur Erstattung von Anzeigen bei Umweltverbrechen ermöglicht.

Die regierungsnahen Akteure spielten eine kleinere Rolle bei der Debatte über Verordnungen und Programme, die durch die Präsenz von Seiten und Profilseiten von Umweltschützern und Regierungsgegnern geprägt waren. Insbesondere bei den Erwähnungen von Umweltprogrammen fielen soziale Initiativen zum Umweltschutz auf, wie z. B. Wiederaufforstungs- und Recyclingprogramme. Auf regionaler und kommunaler Ebene war die Debatte weniger polarisierend, als es für die Umweltagenda im Allgemeinen kennzeichnend war. Viele Postings von offiziellen Seiten der Bundesländer und Städte stellten Maßnahmen vor, die sich auf die Umwelt beziehen.

4. FAZIT

Das Ziel der Studie war es, Themen im Zusammenhang mit der Umweltdebatte zu erforschen, die einen mittleren Grad an Engagement in sozialen Medien aufweisen und gleichzeitig einen starken Bezug zum täglichen Leben von Einzelpersonen und zu den Aktivitäten von Organisationen haben. Die Entscheidung für diese Herangehensweise bedeutet nicht, dass Themen mit größerer Sichtbarkeit nicht relevant sind, sondern dass es wichtig ist, das Wissen über Diskussionen zu erweitern, die im öffentlichen Raum weniger polarisiert sind. Daher sollten Narrative, Herangehensweisen und Akteure im Dialog mit der Entwicklung von Strategien beleuchtet werden, die Aktionen und Kampagnen zur Stärkung des Bewusstseins der Bevölkerung für die Umweltfragen ermöglichen.

Durch eine integrierte Betrachtung ließ sich erkennen, dass die Gruppen, die sich der Umweltagenda entgegensetzten, die kleinsten Gruppen in allen fünf untersuchten Themen waren. Mit anderen Worten: Es handelte sich um Themen, die zwar kritische Auffassungen implizierten, aber von der Bevölkerung leichter assimiliert werden konnten. Eine geringere Polarisierung ermöglichte auch den Einsatz weniger reaktionsorientierter Kommunikationsstrategien und erweiterte somit den Horizont der Mobilisierung und des Engagements.

Ein weiteres Merkmal war das gleichzeitige Auftreten verschiedener Unterthemen. In den Postings auf beiden Plattformen wurden die Perspektiven nicht getrennt artikuliert. Dies war der Fall bei Beiträgen, die sich beispielsweise mit der Wasserkrise im Zusammenhang mit Technologien und deren Anwendung in verschiedenen Bereichen wie Mode, bewusstem Konsum, Biogas und Abfallbehandlung befassten. Nur wenige Themen hatten so einen intersektionalen Charakter wie diejenigen der grünen Agenda.

Die Studie unterstreicht auch die historische Beziehung zwischen indigenen Völkern und der Umweltagenda, indem sie das Aufkommen von Influencern schildert, die diverse brasilianische Ethnien repräsentieren. Die Beiträge indigener Bürger, die bei Themen wie Technologie und Umwelt auffielen, waren mitverantwortlich für die Verbreitung des Narrativs zugunsten der Rechte der brasilianischen Ureinwohner und führten zu starkem Engagement von Politikern, Künstlern und dem Bevölkerungsdurchschnitt in dieser Sache. Die Stimme der indigenen Bevölkerung in der Umweltagenda scheint unbestreitbar zu sein, auch wenn die regierungsnahen Profilseiten einer größeren Anzahl an Seiten der grünen Agenda gegenüberstehen und das Gesetzvorhaben Marco Temporal befürworten.

5. LITERATURVERZEICHNIS

SILVEIRA, I. Conheça influenciadores indígenas que usam o TikTok para enaltecer a cultura dos seus povos. Olhar Digital, 09/08/2021. Disponível em: https://olhardigital.com.br/2021/08/09/internet-e-redes-sociais/conheca-influenciadores-indigenas-que-usam-o-tiktok-para-enaltecer-a-cultura-dos-seus-povos/. Acesso em: 28 out. 2021.

CORREIO BRAZILIENSE. Indígenas se tornam influencers para lutar pelo reconhecimento das terras. Correio Braziliense, 02/09/2021. Disponível em: https://www.correiobraziliense.com.br/brasil/2021/09/4947332-indigenas-se-tornam-influencers-para-lutar-pelo-reconhecimento-das-terras.html. Acesso em: 28 out. 2021.

RUEDIGER, M.A. et al.. Nem tão #simples assim: o desafio de monitorar políticas públicas nas redes sociais. Rio de Janeiro: FGV DAPP, 2017. Disponível em: http://dapp.fgv.br/wp-content/uploads/2017/03/PT_nem-tão-simples-assim.pdf. Acesso em: 26 out. 2021.

SIEVERT, C.; SHIRLEY, K. LDAvis: A method for visualizing and interpreting topics. Proceedings of the Workshop on Interactive Language Learning, Visualization, and Interfaces, p. 63-70, 2014. Disponível em: https://aclanthology.org/W14-3110.pdf. Acesso em: 29 out. 2021.

6. HERAUSGEBER

Forschungskoordination
Marco Aurelio Ruediger
Amaro Grassi

Forscher
Dalby Dienstbach
Danielle Sanches
Lucas Roberto da Silva
Marcela Canavarro
Maria Sirleidy Cordeiro
Polyana Barboza
Sabrina Almeida
Victor Piaia

Fachliche Prüfung
Renata Tomaz

Grafikdesign
Luis Gomes
Daniel Almada

Newsletter

Newsletter abonnieren